Emmas Probleme mit der Polygamie
Der Film stellt die Beziehung zwischen Emma und Joseph als eine mit gegenseitigem Respekt und Gleichberechtigung dar. Ein HLT-Mitglied gab folgende Einschätzung darüber, wie der Film Joseph und Emma behandelt:
„Ich habe den Film am letzten Wochenende gesehen, als wir in Utah waren. Fabelhaft! Ich liebte es, wie die Beziehung zwischen Emma & Joseph dargestellt wurde.“ (www.nauvoo.com)
Der Film lässt aber bequemerweise die zahllosen Streitigkeiten über die Polygamie zwischen Joseph und Emma aus.
Sowohl in Ansprachen und kirchlichen Veröffentlichungen leugnete Smith fortwährend die Lehre und Ausübung der Vielehe, während er heimlich die Zahl seiner Frauen vermehrte. Somit hielten die Gerüchte an. Richard Van Wagoner schrieb:
Smiths Verleugnungen wurden von den meisten Heiligen als bare Münze akzeptiert. Aber Emma hatte ihren Mann im Verdacht, sie zu praktizieren, so dass sie die Unterstützung anderer antipolygamistischen Frauen gewann, um ihm auf die Spur zu kommen. Joseph Lee Robinson schrieb über solch ein Bündnis. Angeline, Frau seines Bruders Ebenezer „beobachtete Bruder Joseph, den Propheten. Dies war zu einer Zeit, als sie ihn sehr im Verdacht hatte und eifersüchtig darauf war, dass er sich eine weitere Frau nehmen würde.“ Robinson behauptete, dass Emma so wütend war, dass „sie ihn verlassen und Vorbereitungen treffen würde, zu ihren Leuten im Staat NewYork zu gehen; es kam fast zum Auseinanderbrechen seiner Familie“. (Mormon Polygamy, S. 51)
Irgendwann während des Februar 1843 wurde Emma offensichtlich gewahr, dass Joseph ihre beste Freundin Eliza R. Snow als Vielehefrau genommen hatte. Eliza lebte ständig im Heim der Smiths, das eine Anzahl von Gästen beherbergte. Die HLT-Historiker Linda Newell und Valeen Avery schrieben:
Als ihr die Beziehung zwischen Eliza und ihrem Ehemann Joseph voll bewusst wurde, war Emma sprachlos… Obwohl noch kein zeitgenössischer Bericht über das Geschehen zwischen Emma und Eliza vorhanden ist, führen die Beweise zum Schluss, dass es eine Art von physischer Konfrontation zwischen den beiden Frauen gegeben hatte. 1886 veröffentlichte Wilhelm Wyl die erste bekannte Version über das Ereignis in seinem Antimormonenbuch Joseph Smith the Prophet: His Family and His Friends:
Man sagt… dass kaum ein Mormone nicht von der Tatsache wusste, dass Schwester Emma… bald den kleinen Kompromiss herausfand, der zwischen Joseph und Eliza arrangiert war. Da sie sich als Ehefrau gröblich verletzt und als Freundin verraten fühlte, so berichtete man ständig, dass Emma auf einen gewöhnlichen Besenstil als Werkzeug der Rache zurückgegriffen hätte; und die harte Behandlung durch Emmas Hand hätte, so sagt man, Elizas Hoffnungen zunichte gemacht, Mutter eines Propheten Sohnes zu werden…
Eine vierte Geschichte, die LeRoi C. Snow, Elizas Neffen, zugeschrieben wird, ist eine mündliche Familientradition, die davon erzählt, wie Emma Eliza mit einem Besen die Treppe hinunterprügelte, so dass der Sturz eine Fehlgeburt für Eliza zur Folge hatte…
Ob Eliza die Treppe hinunterfiel, oder ob Emma sie stieß, oder an den Haaren herunterzog oder ob Emma sie nur aus dem Haus jagte, das Ergebnis scheint in Elizas kurzem Tagebucheintrag vom 11. Februar 1843 dokumentiert zu sein: ‚Wechselte meine Unterkunft ins Haus von Brd. [Jonathan] Holmes.’… Eliza machte fünf Wochen lang keinen weiteren Eintrag in ihr Tagebuch und schrieb auch keine Erklärung für die Lücke in ihrem Tagebuch oder für das plötzliche Verlassen von Emmas Heim…
Das Geschehen zwischen Emma und Eliza zwang das Thema der Vielehe in die Öffentlichkeit. Emma konnte nicht mehr glauben, dass Joseph nichts damit zu tun hätte, und er konnte es nicht mehr leugnen. Emma war zuvor nicht gewalttätig geworden; nun konnte sich ihre entschiedene Gegnerschaft erneut mit unerwarteter Kraft zeigen. Joseph versuchte entschlossen Emma zu beruhigen. (Mormon Enigma: Emma Hale Smith, von Linda King Newell und Valeen Tippetts Avery, 1994, S. 134-137)
Emma scheint gelegentlich damit einverstanden gewesen zu sein, dass Joseph weitere Frauen nahm, nur um sich später wieder gegen ihn zu wenden. Linda Newell und Valeen Avery liefern folgende Information über Emmas Kapitulation:
Zwei Monate lang, von März bis Mai, scheint Joseph mit Emma über die Vielehe geredet zu haben. Er benutzte anscheinend ihre gemeinsamen Austritte dazu, sie über die Notwendigkeit des Endowments und der Siegelung zu belehren. Es gibt keinen Beweis darüber, dass sie gegen irgendeine Kirchenlehre außer der Vielehe war. Überzeugt, dass es für ihre Erlösung notwendig und für ihre fortdauernde Beziehung wichtig wäre, könnte sie sich entschieden haben, mit Joseph einen Kompromiss zu schließen. Im Mai 1843 stimmte sie schließlich zu, Joseph weitere Frauen zu geben, wenn sie sie auswählen könnte… Emma wählte die beiden Schwesternpaare aus, die damals in ihrem Haushalt lebten, Emily und Eliza Partridge und Sarah und Maria Lawrence.
Joseph hatte schließlich Emma für die Vielehe bekehrt, aber nicht so weit, dass er sich traute, ihr zu sagen, dass er die Partridge-Schwestern zwei Monate zuvor geheiratet hatte. (Mormon Enigma: Emma Hale Smith, pp. 142-143)
Emily Dow Partridge erzählte, wie sie und ihre Schwester ohne Wissen von Emma verheiratet wurden und dann später mit Zustimmung von Emma mit Smith verheiratet wurden:
…der Prophet Joseph und seine Frau Emma boten uns ein Heim in ihrer Familie an und behandelten uns mit großer Freundlichkeit. Wir waren dort für etwa ein Jahr, als uns das Prinzip der Vielehe bekannt gemacht wurde, und ich wurde am 4. März 1843 mit Joseph Smith verheiratet, die Zeremonie wurde vom Ältesten Heber C. Kimball durchgeführt. Meine Schwester Eliza wurde ein paar Tage später ebenfalls mit Joseph verheiratet. Dies geschah ohne das Wissen von Emma Smith. Zwei Monate später gestand sie ihrem Ehemann zwei weitere Frauen zu, vorausgesetzt, dass sie die beiden auswählen dürfte. Sie wählte daraufhin meine Schwester Eliza und mich aus und um Familienstreitigkeiten zu vermeiden, dachte Bruder Joseph, es sei das Beste eine weitere Zeremonie zu vollziehen. Demgemäß wurden wir am 11. Mai 1843 in der Gegenwart von Emma an Joseph Smith gesiegelt... Von dieser Zeit an war Emma unser bitterster Feind. Wir blieben einige Monate danach in der Familie, aber die Dinge liefen von schlecht zu noch schlechter, bis wir gezwungen waren, das Haus zu verlassen und ein anderes Heim zu finden. (Historical Record, herausgegeben von Andrew Jenson, Bd. 6, 1887, S. 240)
Laut Todd Compton heiratete Joseph Smith mindestens siebenundzwanzig Vielehefrauen zwischen 1833 und dem 12. Juli 1843 (siehe In Sacred Loneliness, S. 4-6). Diese hatte er alle bevor Joseph seine Offenbarung zu Papier brachte. Zum Beispiel wurden die Partridge-Schwestern mit Smith im März 1843 verheiratet. Im Juli 1843 glaubte Josephs Bruder Hyrum, dass er Emma von der Wahrhaftigkeit der Polygamie überzeugen könnte und er schlug Smith vor, die Offenbarung zu Papier zu bringen. Josephs Sekretär William Clayton berichtete:
Am Morgen des 12. Juli 1843 kamen Joseph und Hyrum Smith in das Büro… Hyrum sagte zu Joseph: „Wenn du die Offenbarung über die celestiale Ehe schreibst, werde ich sie nehmen und Emma vorlesen, und ich glaube, ich kann sie von deren Wahrheit überzeugen, und du wirst danach Frieden haben.“ Joseph lächelte und bemerkte: „Du kennst Emma nicht so gut wie ich.“… Hyrum nahm dann die Offenbarung, um sie Emma vorzulesen… Als er zurückkam, fragte Joseph, ob er Erfolg hatte. Hyrum antwortete, dass er nie zuvor in seinem Leben eine ernstere Standpauke erhalten hätte…
Joseph bemerkte ruhig: „Ich sagte es dir, du kennst Emma nicht so gut wie ich.“… Zwei oder drei Tage nachdem die Offenbarung geschrieben war, erzählte Joseph mir [William Clayton] und etlichen anderen, dass Emma so lange gehänselt und ihn dringlich darum gebeten hätte, sie vernichten zu dürfen, so dass er ihr Hänseln leid war und, um ihre Plage los zu werden, ihr sagte, dass sie sie vernichten könnte, und so hatte sie es getan… ihm war bewusst… dass er sie jeder Zeit neu schreiben könnte. (History of the Church, Einleitung zu Bd. 5)
Einen Monat später stritten Joseph und Emma wieder über die Polygamie. Am 16. August 1843 berichtete William Clayton folgendes in seinem Tagebuch:
An diesem Vormittag sagte mir Joseph, dass, seit Emma von St. Louis zurück war, sie sich dem Priestertum als Ganzem widersetzt hätte, und er musste ihr sagen, dass er um ihretwillen alles aufgeben würde. Sie sagte, dass sie ihm Eliza und Emily Partridge gegeben hätte, aber er wusste, wenn er sie genommen hätte, hätte sie auf ihm herumgehackt und eine Scheidung erwirkt & ihn verlassen. Er sagte mir aber, dass er nichts aufgeben würde. (An Intimate Chronicle: The Journals of William Clayton, herausgegeben von George D. Smith, S. 117)
Emmas Kampf mit der Polygamie hielt weiter an. Linda Newell schilderte die Ereignisse der kommenden Tage:
Einige Tage nachdem sie gehört hatte, dass Joseph „alles aufgeben“ würde, fand Emma zwei Briefe in seiner Tasche von Eliza R. Snow, die damals in der Morley-Siedlung wohnte. Emma, die „ärgerlich und wütend“ zu sein schien, fragte William, ob er die Briefe Joseph überbracht hätte. Clayton leugnete es. Sein Bericht über das Ereignis könnte von seinen eigenen Auffassungen gefärbt sein.
Zwei Tage später berichtete William Clayton wieder über Emma in einer anderen Situation,… Der Eintrag zum 23. August lautet:
Präs. Joseph erzählte mir, dass er gestern Schwierigkeiten mit Emma hatte. Sie ritt mit ihm nach Woodworths hianuf & machte einen Besuch, während er zum Tempel kam. Als er zurückkehrte, verlangte sie die goldene Uhr von Flora. Er tadelte sie für ihr übles Benehmen. Auf ihrem Rückweg nach Hause beschimpfte sie ihn sehr & auch als er nach Hause kam. Er musste strenge Mittel anwenden, um ihr Geschimpfe abzustellen, aber schließlich hatte er Erfolg.
William fügte nicht alle Einzelheiten ein. Immer noch unter ihrer Entdeckung von Elizas Briefen leidend, unternahm sie mit Joseph eine kurze Kutschfahrt. Er nahm an einigen Tätigkeiten am Tempel teil, während sie die Familie Lucian Woodworths besuchte. Emma wusste nicht, dass die sechzehnjährige Tochter der Woodworths, Flora, seit dem Frühjahr Josephs Vielehefrau gewesen war. Was wahrscheinlich als gelegentlicher Geselligkeitsbesuch begann, explodierte, als Emma herausbekam, dass Joseph Flora eine goldene Uhr gegeben hatte. Die Folgerungen aus solch einem Geschenk waren offensichtlich, da er ebenfalls Eliza eine gegeben hatte. Joseph kam zurück, als Emma „die goldene Uhr“ von Flora „forderte“, und er gab ihr einen Verweis. Aber in der Kutsche schließlich machte Emma zweifellos ihrem Ärger Luft, da sie noch eine weitere erschütternde Situation entdeckt hatte, und fuhr mit dem fort, was William Clayton „ihre Beschimpfung“ nannte, bis Joseph seine Fassung verloren haben musste und „strenge Mittel“ anwandte, um Emma zu bremsen. ("The Emma Smith Lore Reconsidered," von Linda King Newell, Dialogue: A Journal of Mormon Thought, Bd. 17, Nr. 3, S. 91)
Was müssen wir aus William Claytons Aussage „musste strenge Mittel anwenden“, um Emmas Geschimpfe abzustellen, „aber schließlich hatte er Erfolg“ ableiten? Hatte er sie tätlich angegriffen? Ob nun seine strengen Mittel verbal oder physisch waren, sie lassen kaum das Bild einer liebenden Atmosphäre im Heim der Smiths aufkommen, wie der Film es darstellt.
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