General Smith
Joseph Smith war sehr an militärischen Dingen interessiert. Dies spiegelt sich im Buch Mormon wieder, denn es ist mit Berichten über Kriegen und Blutvergießen angefüllt. Dr. Hugh Nibley gibt zu: „Leser des Buches Mormon bringen oft Abscheu oder zumindest Überdruss und Ungeduld zum Ausdruck, während sie durch 170 Seiten über Kriege und Unruhen in einem religiösen Buch waten müssen. Dieser Schreiber muss zugeben, unter derselben Voreingenommenheit gelitten zu haben... In den zwanzig Jahren des Schreibens über das Buch Mormon haben wir geflissentlich die Kriegsgeschichten ignoriert. Aber hier irrten wir uns.“ (Since Cumorah, Seite 328)
Nur vier Jahre nachdem Joseph Smith das Buch Mormon veröffentlicht hatte, organisierte er eine Armee und marschierte „nach Missouri, um ‚Zion zu erlösen’.“ Dieses Projekt war ein vollkommener Fehlschlag. (siehe The Mormon Kingdom, Bd. 1, S. 3-4). 1838 hatte Smith die Mormonen zu einer Armee in Far West, Missouri, organisiert, aber es endete damit, dass er sie der Miliz ausliefern musste. Robert Bruce Flanders erklärt:
“Die krönende Beschaffung eines Freibriefs gab der Stadt ihre eigene kleine Armee, die berühmte Nauvoo-Legion… Die Legion war deshalb unabhängig und nicht den Militärgesetzen von Illinois unterstellt.“ (Nauvoo: Kingdom On The Mississippi, S.100)
„… 'Colonel', 'Captain' oder 'General' ersetzten nun 'Bruder', 'Ältester' oder 'Präsident' als Anrede für die Heiligen. Militärischer Schmuck war für sie ein besonderes Symbol von Status, Prestige und Selbstberuhigung… Der Bericht offenbart deutlich, dass Generalleutnant (er bevorzugte den vollen Titel) Smith großes Gewicht auf seine militärische Rolle legte…
So wie die Stadt wuchs, so wuchs auch die Legion und erregte unter den Heiden in der Nachbarschaft große Besorgnis in Bezug auf das Wesen und das Vorhaben des mormonischen Königreiches. (Ebenda, S. 112-13)
Fawn Brodie machte folgende interessante Bemerkungen in Bezug auf diese Angelegenheit: „Wenige Besucher Nauvoos... hatten eine Vorstellung vom Potential der Mormonenbewegung. Aber viele von ihnen waren durch die unmissverständliche militärische Atmosphäre, die die Stadt erfüllte, beunruhigt... Jeder körperlich fähige Mann zwischen achtzehn und fünfundvierzig wurde gezwungen, sich [der Legion] anzuschließen und für das Nichterscheinen bei Paraden wurden schwere Strafen auferlegt. Um den Januar 1842 hatte die Legion eine Stärke von 2.000 Mann...
Joseph forderte und erhielt von Gouverneur Carlin das Patent zum Generalleutnant und danach machte er sich oft seinen Spaß darüber, wie er jeden militärischen Offizier in den Vereinigten Staaten im Rang überholt hatte. Schließlich bevorzugte er den Titel 'General' oder sogar 'Präsident' und benutzte ihn häufig im Briefverkehr. Seine Uniform wurde elegant entworfen: ...Auf seiner Hüfte trug er einen Säbel und zwei große Pferdepistolen. Entzückt über den Pomp und den Glanz der Paraden rief er bei jeder möglichen Gelegenheit die Legion heraus und marschierte an der Spitze auf seinem prachtvollen schwarzen Hengst Charlie.
Der militärische Geist steckte alle Jungen in Nauvoo an und Joseph, immer sein Auge in die Zukunft gerichtet, hatte sie bald zu einem eigenen Militärkorps organisiert.“ (No Man Knows My History, S. 270-271)
Der Mormonenschreiber Hyrum L. Andrus erlärte: „über die Erscheinung als ein Generalleutnant an der Spitze der Nauvoo-Legion erinnerte sich Lyman L. Woods: ‚Ich habe ihn auf einem weißen Pferd mit der Uniform eines Generals gesehen… Er führte eine Parade der Legion an und sah WIE EIN GOTT aus’.“ " (Joseph Smith, The Man And The Seer, S. 5)
Joseph Smith war sehr stolz auf seine Position als Anführer der Nauvoo-Legion und mochte es, als “Generalleutnant Joseph Smith“ bezeichnet zu werden. (siehe History of the Church, Bd. 4, S. 382) Der Mormonenschreiber John J. Stewart sagte: „Joseph... wurde als kommandierender Offizier mit dem Rang des Generalleutnant ausgewählt... somit wurde er der höchstrangige militärische Offizier in den Vereinigten Staaten, obwohl er auf das Kommando über die Legion beschränkt war.“ (Joseph Smith the Mormon Prophet, Seite 143) Eigentlich hatte dieser Titel außerhalb von Nauvoo nicht wirklich eine Bedeutung. Als Ralph L. Foster an die Militärakademie der Vereinigten Staaten in West Point in Bezug diese Angelegenheit schrieb, bekam er einen Brief von Joseph M. O'Donnell (Chef, Archiv- & Geschichtsabteilung), in dem folgendes erschien: „... obwohl die Nauvoo-Legion vom Staat Illinois aufgestellt wurde, wurde sie nicht als Teil der Staatsmiliz angesehen... Joseph Smith Jun. war auf dem Papier Generalleutnant der Staatsmiliz, aber von einer kleinen Mormonenarmee, die gegründet wurde, um Nauvoo, Illinois, zu überwachen und den Staat Illinois zu verteidigen.“ (Brief vom 29. August 1963, fotographisch reproduziert in The Book of Mormon on Trial, von Ralph Leonard Foster, Seite 20)
Auf jeden Fall nahm Joseph Smith seinen Titel sehr ernst. Josiah Quincy erzählte folgendes: „Während wir zurück ritten, gab es zwischen dem Geistlichen und Smith weitere Streitigkeiten... der Geistliche... rief plötzlich aus: 'Nun, ich sagte letzten Sonntag zu meiner Gemeinde, dass sie genauso gut Joe Smith wie solch einer Theologie glauben könnten.' 'Sagten sie in einer Predigt Joe Smith?' fragte die Person, an den die Frage gerichtet worden war. 'Natürlich. Warum nicht?' Die Antwort des Propheten wurde mit einer ruhigen Überlegenheit gegeben: 'Nur den Tag und den Ort in Betracht ziehend, wäre es respektvoller gewesen, GENERALLEUTNANT JOSEPH SMITH gesagt zu haben.' Der würdige Geistliche war für das Oberhaupt der Mormonenkirche ganz klar kein ebenbürtiger Gegenspieler.“ (Figures of the Past, wie in Among the Mormons, Seite 140, zitiert)
In Benjamin F. Johnsons Brief an George S. Gibbs erklärte er, dass der „Prophet Joseph die Grundlage für unsere Kirche in einem militärischen Geist legte“. Ebenezer Robinson erzählte folgendes: „Somit wurden die Ecksteine des Hauses des Herrn... mitten im Donnern der Kanone gelegt und durch die Hände von Männern, die die Gewänder und Werkzeuge von Krieg und Blut tragen.
Generalleutnant Joseph Smith, der beaufsichtigend den Haupteckstein legte, und Brigadegeneral Don Carlos Smith wurden beide in ihre militärischen Gewänder gekleidet und trugen damals ihre Säbel.“ (The Return, Bd. 2, Seite 298-302, Maschinen geschriebene Kopie)
Die History of the Church, Bd. 4, S. 326-330, liefert einen interessanten Bericht über diese Vorgänge.
Joseph Smith scheint militärische Zurschaustellungen geliebt zu haben. Unter dem Datum des 7. Mai 1842 finden wir folgende Aussage in der History of the Church: „Die Nauvoo-Legion... wurde von Generalleutnant Joseph Smith besichtigt, der den ganzen Tag kommandierte... Zum Ende der Parade bemerkte Generalleutnant Joseph Smith... 'dass seine Seele NIE ZUFRIEDENER WAR ALS BEI DIESER GELEGENHEIT.'“ (History of the Church, Bd. 5, Seite 3)
Der Mormonenschreiber Gary Dean Guthrie machte folgende Bemerkungen in Bezug auf Joseph Smiths Liebe für militärische Dinge: „Viele von Joseph Smiths eigenen bezeichnenden Charakterzüge kamen während des Marsches [Zionslager] zum Vorschein, die für seine Amtsführung charakterisch wurden. Der hervorstechendste war ein Geist des Militärischen und die Begeisterung für Paraden, Drills und Scheinschlachten.“ („Joseph Smith As An Administrator“, Magisterarbeit, BYU, Mai 1969, S. 60)
Joseph Smith scheint den Wunsch gehabt zu haben, eine große Armee anzuführen, denn er bereitete eine “Petition an den Senat und das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten, datiert mit dem 26. März, vor, in der er um das Vorrecht bittet, 100.000 Männer aufzustellen, um den Schutz von Personen zu erweitern, die in Oregon und anderen Teilen des Territoriums der Vereinigten Staaten siedeln wollen, und um den Schutz der Menschen in Texas auszuweiten“. (History of the Church, Bd. 6, S. 282). In diesem Dokument finden wir folgendes:
Abschnitt 1. Es wird angeordnet… dass Joseph Smith… hiermit bevollmächtigt und ermächtigt wird, eine Kompanie von EINHUNDERTTAUSEND BEWAFFNETEN FREIWILLIGEN aufzustellen…
Abschn. 2. Und es wird ferner angeordnet, dass, falls irgendjemand besagten Joseph Smith behindert oder versucht, bei der Ausübung seines Planes, Freiwillige einzuberufen, zu behindern oder zu belästigen, mit einer Geldstrafe von bis zu eintausend Dollar bestraft werden soll… oder mit harter Arbeit an einer öffentlichen Unternehmung bis zu zwei Jahren oder mit beidem…
Abschn. 3. Und es wird ferner angeordnet… dass besagter Joseph Smith hiermit zum Mitglied der Armee der Vereinigten Staaten ernannt wird… (History of the Church, Bd. 6, S. 277)
Es gab natürlich kaum eine Chance, dass Joseph Smiths Petition akzeptiert worden wäre. Am 25. April 1844 schrieb Orson Hyde einen Brief aus Washington, in dem er erklärte: „Herr Semple sagte, dass Herr Smith verfassungsmäßig per Gesetz nicht als Mitglied der Armee ernannt werden kann; und dies, falls nicht noch etwas anderes, würde die Annahme verhindern.“ (History of the Church, Bd. 6, S. 372)
Joseph Smiths militärische Pläne und Manöver waren für die Nichtmormonen, die um Nauvoo herum lebten, sehr beunruhigend. Folgende Erklärungen erschienen in der antimormonischen Zeitung The Warsaw Signal: “Wie militärisch diese Menschen werden! Alles, was sie sagen oder tun, scheint den Geist von militärischen Taktiken zu atmen. Ihr Prophet erscheint bei allen Gelegenheiten in seiner prachtvollen Regimentskleidung, unterzeichnet mit Lieut. General, und in der Nauvoo-Legion kann man weitere Titel finden, die kein Buch über militärische Taktiken hervorbringen kann;… Wahrhaftes kämpfen muss ein Teil des Glaubensbekenntnisses dieser Heiligen sein!“ (Warsaw Signal, 21. Juli 1841)
Der Mormonenschreiber Kenneth W. Godfrey machte folgende Bemerkungen in Bezug auf die Nauvoo-Legion: „Amerikaner waren meistenteils entschieden gegen große stehende Armeen. So beobachteten viele Bürger die wachsende Macht der Nauvoo-Legion mit Abscheu. Jede Heerschau, Parade oder jedes Scheingefecht lösten Spekulationen in Bezug auf den Endplan ihrer Führer aus. Gerüchte, die Joseph Smith anklagten, einen Angriff auf Texas, Mexiko, Missouri und sogar auf die Vereinigten Staaten selbst zu planen, wurden unaufhörlich in Zeitungen gedruckt und von Mund zu Mund im ganzen Land verbreitet. Einige Personen glaubten, dass die Nauvoo-Legion vernichtet werden müsste, bevor sie so stark geworden wäre, dass ein Widerstand gegen sie undenkbar wäre. Bürger, die in Missouri lebten, fürchteten sich besonders, dass die Mormonen ihre Heime und Städte als Vergeltung für die Verluste angreifen würden, die sie 1837 und 1838 im Staat erlitten hatten.“ (Brigham Young University Studies, Winter 1968, S. 206-207)
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