Smiths Tod
Die HLT-Führer John Taylor und Willard Richards blieben mit Joseph und Hyrum im Gefängnis, gleichwohl war es anderen erlaubt, sie zu besuchen. Da sie die wachsende Anzahl der Feinde in Carthage fürchteten, hatten Freunde zwei Pistolen zu den Smiths hineingeschmuggelt. (siehe Joseph Smith's Death)
Robert Wicks und Fred Foister geben folgenden Bericht über die Stürmung des Gefängnisses:
Als er von draußen Schüsse hörte, teilte Dr. Richards den Vorhang. Mehr als zweihundert Männer, einige in Milizuniformen, andere trugen gefranste blaue Jagdhemden, die meisten waren bewaffnet und scharten sich um das Gefängnis…
Die Männer im Flur begannen ihren Angriff und feuerten die Treppe hinauf in Richtung Wohnstube. Am Treppenabsatz gruppierten sie sich um.
Hyrum überprüfte seine Waffe, zielte und feuerte. Ein Schuss vom Flur her traf ihn ins Gesicht. „Ich bin ein toter Mann!“ schrie er. Hyrums Pistole fiel ihm aus der Hand. Joseph beugte sich über seinen sterbenden Bruder, rief seinen Namen aus und kehrte zur Aufgabe zurück, die Tür zu sichern. Die Angreifer drückten gegen die Tür, bis das Schloss den Weg frei gab. Als die Eindringlinge ihre Gewehrläufe in den Raum stießen, schlugen Richards und Taylor sie mit weit ausholenden, kräftigen Schlägen mit ihren Stöcken nieder. Josephs Schulter war gegen die nachgebende Tür gedrückt. Er versperrte die Öffnung mit seiner „Allen Pepperbox“ und schoss blind auf den Treppenabsatz. Dreimal traf die Kugel jemanden. Dreimal versagte die Pistole…
Der Prophet zog sich an das offene Fenster der Tür gegenüber zurück. Schüsse vom Flur her erfüllten den Raum mit Rauch.
Von der letzten Salve in den Oberschenkel getroffen saß Joseph unbeholfen auf dem breiten Fenstersims…
Joseph streckte seine Arme im beschwörenden Zeichen eines Freimaurers in Not aus: „Oh Herr, mein Gott…“ rief er, indem er die ersten vier Worte der Freimaurerbitte um Hilfe ausstieß. Er fiel aus dem Fenster und landete fast fünfzehn Fuß tiefer auf seiner Seite, schwer verletzt und unfähig, sich zu bewegen… Einer packte den sterbenden Mann und fluchte, während er ihn an die Brunneneinfassung lehnte…
Vier Männer, angeführt von John C. Elliott, nahmen ihre Waffen auf und begaben sich an die vorderste Reihe der Truppen. Sie gingen in Position, zielten und schossen auf Kommando. Jede Kugel fand ihr Ziel… Einige Männer stießen Josephs leblosen Körper mit ihren Bayonetten, um sich zu vergewissern, dass die Arbeit erledigt war. (Junius and Joseph, S. 177-178)
John Taylor, der in dem Raum zugegen war, erzählte, wie die Pistolen ins Gefängnis geschmuggelt wurden:
Ältester Cyrus H. Wheelock kam herein, um uns zu sehen, und als er gerade gehen wollte, zog er eine kleine Pistole, einen Sechsschüsser, aus seiner Hosentasche und bemerkte gleichzeitig: „Möchte sie jemand von Ihnen haben?“ Bruder Joseph antwortete sofort: „Ja, geben Sie sie mir“, woraufhin er die Pistole nahm und sie in seine Hosentasche steckte…
Ich saß auf einem der Fenster auf der Vorderseite des Gefängnisses, als ich eine Anzahl Männer mit angemalten Gesichtern sah, die um die Ecke des Gefängnisses kamen und auf die Treppe zielten…
Ich werde nie das tiefe Mitgefühl vergessen, das sich im Gesicht von Bruder Joseph zeigte, als er sich Hyrum näherte und sich über ihn beugend rief: „O, mein armer, lieber Bruder Hyrum!“ Er erhob sich aber sofort und mit festem, schnellem Schritt und einem entschlossenen Ausdruck im Gesicht ging er zur Tür und zog den Sechsschüsser, den Bruder Wheelock zurückgelassen hatte aus seiner Tasche, öffnete die Tür ein wenig und drückte die Pistole sechsmal hintereinander ab; aber nur drei Schüsse lösten sich. Ich erfuhr später, dass zwei oder drei durch diese Schüsse verwundet wurden, von denen zwei, so wie ich informiert bin, starben. (History of the Church, Bd. 7, S. 100, 102 & 103).
Mormonen werden oft entgegnen, dass es keinen Beweis dafür gäbe, dass jemand in Folge von Josephs Abfeuern seiner Pistole starb. Die Tatsache aber, dass er auf den Pöbel zurückschoss, zeigt sicherlich, dass er die Absicht hatte, die Angreifer zu töten.
Der Film endet mit einer Szene, wie der Pöbel das Gefängnis stürmt, aber ohne einen Hinweis, dass Smith zurückschoss. Die Kamera fokussiert auf Joseph, wie er seinen sterbenden Bruder hält, während er zum offenen Fenster blickt.
Die Hintergrundmusik schwillt in einer dramatischen Wiedergabe des beliebten HLT-Liedes an, das Joseph ehrt: Preiset den Mann. Der Nichtmormone wird die Bedeutung der Musik nicht erfassen, aber sie scheint so berechnet zu sein, Mormonen zu Tränen zu rühren. Der Text lautet (mit wörtlicher Übersetzung, da die deutsche Version des Liedes wohl wegen des Versmaßes und Reims einen anderen Text ergibt):
Preist den Mann, der mit Jehovah verkehrte!
Jesus salbte diesen Propheten und Seher.
Gesegnet, die letzte Dispensation zu eröffnen,
Könige werden ihn preisen und Nationen ihn verehren.
Preist sein Andenken, er starb als ein Märtyrer;
Geehrt und gesegnet sei sein ewig großer Name!
Lang wird sein Blut, das von Mördern vergossen wurde,
Illinois beflecken*, während die Erde seinen Ruf lobt.
Groß ist die Herrlichkeit und endlos sein Priestertum.
Für immer und ewig wird er die Schlüssel halten.
Gläubig und treu wird er sein Königreich betreten,
Gekrönt in der Mitte der alten Propheten.
Opfer bringt die Segnungen des Himmels;
Die Erde muss für das Blut dieses Mannes sühnen.
Erwache, Welt, zum Kampf der Gerechtigkeit.
Millionen werden „Bruder Joseph“ erkennen.
Refrain:
Heil dem Propheten, der zum Himmel aufstieg!
Verräter und Tyrannen kämpfen jetzt vergebens gegen ihn.
Sich mit Göttern vermischend, kann er für seine Brüder planen;
Der Tod kann den Helden nicht noch einmal besiegen.
*In neuesten Ausgaben des HLT-Gesangbuchs, hat man "Plead unto heaven (zum Himmel flehen)" für die Wörter "Stain Illinois (Illinois beflecken)" eingesetzt. (http://mldb.byu.edu/phelps4.htm)
Erlitt Joseph Smith einen Märtyrertod? Oder erntete er, was er gesät hatte? Während der Angriff auf das Gefängnis deutlich illegal war, sorgte die wachsende Gegenwart der Mormonen in Illinois, das Wählen als Blockeinheit, die Zerstörung einer Zeitung, die Nauvoo-Legion und Smiths geheime Lehren und Praktiken sicherlich für Angst und Schrecken in den nichtmormonischen Gemeinden. Es gibt für einen Pöbel, der das Gefängnis stürmte, keine Entschuldigung, aber Joseph Smith musste einen großen Teil dessen, das zu diesem Ereignis führte, selbst verantworten.
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